Während eines Kuraufenthaltes 1903 im Harz in Braunlage lernte Albinmüller den Arzt Dr. Friedrich Barner kennen, der ihn ab 1905 als Gestalter erst mit kleineren Arbeiten für das Interieur, dann mit Um- und Neubauten sowie mit dem Neubau und der kompletten Inneneinrichtung des Sanatoriums beauftragte. Im Sanatoriumspark baute Albinmüller seine erste Architektur: eine Lufthütte, ein Einzimmerhaus für Patienten. Die bis heute im Garten erhaltene Licht- und Lufthütte ist als Pfahlbau konstruiert und komplett aus Holz. Eine einfache Holztreppe führt nach oben in die schlichte Einraumwohnung über dem Boden. Der für eine Person eingerichtete Raum dient zum Schlafen: nah den Baumwipfeln, nah der Natur. Die Ausstattung war minimalistisch: ein Alkoven, eine Kommode, dazu Mini-Kammern zum Umkleiden. Eine noch von Albinmüller angedachte Kitchenette wurde nicht ausgeführt.
Bis heute ist in diesem Haus die Sehnsucht nach einer Verbindung mit der Natur spürbar. Ins Freie, ins Licht, eins sein mit der Natur, das waren Leitideen der sogenannten Reformzeit Anfang des 20. Jahrhunderts. Mit alternativer Ernährung und Kleidung, Vegetarismus, Nudismus und Sonnenbaden, mit gemeinschaftlichen Wohnmodellen auf dem Land, Gartenstadtbewegung und Bodenreform wurde die neue Zeit eingeläutet. Das betrifft aber auch die Reformierung der Medizin wie der Kunst, des Kunstgewerbes und der Architektur.
Eine gut gestaltete Einfachheit, auch das ist heute nach 120 Jahren gerade in der jungen Generation wieder ein Thema. Kein Wunder, dass die außergewöhnliche Erscheinung dieses Holzbaus bis heute alle Betrachter*innen fasziniert und als die Urhütte der Tiny-House-Bewegung bezeichnet werden kann.
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